Freitag, 28. März 2014

"Die Verlobungen" von J. Courtney Sullivan


Just einen Tag bevor ich das Buch angefangen habe, habe ich selbst einen Heiratsantrag bekommen...das Buch hat mich also thematisch wie die Faust aufs Auge erwischt. Selbst mit einem Diamatring an der Hand habe ich also der Werbetexterin und selbst niemals verheirateten Frances bzw. ihrer Geschichte und beruflichen Passion als Werberin der Diamantindustrie gelauscht, die nur eine von mehreren in diesem Buch ist. Sie alle beleuchten von irgendeiner Seite das Thema Ehe als gesellschaftlicher Institution - von den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts bis fast in die Gegenwart des Lesers hinein. Sei es eben aus der Perspektive der unverheirateten, berufstätigen Frau (damals noch ein Novum), die sich in ihrem Leben mit wenig anderem als Verlobungen und deren Attribut dem Diamantring befasst hat oder aus der der Frau, die ihren älteren Ehemann für einen Jüngeren verlässt und wiederum selbst betrogen wird (Delphine). Auch die Geschichte von Gerald und Evelyn, die eigentlich Geralds besten Freund hätte heiraten sollen und die nun dabei zusehen muss wie ihr Sohn seine perfekte Frau für eine verlässt, mit der Evelyn nicht mal in einem Raum sein möchte sowie die von Katie, die selbst niemals heiraten will und dem befreundeten schwulen Pärchen Jeff & Toby dabei zusieht wie es von der Idee der Ehe, die ihr so fremd erscheint, wie besessen ist - umkreisen das Thema Ehe und was Mensch von ihr eigentlich hat wie die Erde die Sonne. Die Geschichte von James, dem typischen "Versager" und Sheila, die in den 1980er Jahren spielt, fand ich am wenigsten überzeugend, am meisten hat mich Delphine & ihre Story gefesselt.
Ich fand den Roman typisch amerikanisch, man merkt wie die Autorin mit den Ansichten ihrer Nation zum Thema Ehe über die Jahrzehnte hinweg spielt. Sei es mit der Marketing-Idee dass jede Frau einen Verlobungsring haben müsse, der dem Zukünftigen mindestens zwei Monatsgehälter wert sein sollte. Oder auch mit dem Schwerttun der Amerikaner mit der Öffnung der Ehe gegenüber homosexuellen Paaren oder ihrer bigotten Haltung, dass man treu sein solle und sich dennoch meistens anders verhält sowie mit der Ansicht, dass man heiraten müsse wenn man sich liebt. Was letztlich der Schlüssel zum Glück ist lässt die Autorin offen - ob man heiraten soll oder nicht, das ist eine Sache, die jeder für sich selbst entscheiden müsse. Im Großen und Ganzen suggeriert das Buch dass die Ehe sowohl Schreckgespenst als auch Faszinosum (symbolisiert durch den den Roman durchziehenden Diamantring, den jede der Geschichten gemeinsam hat) ist - ein gesellschaftliches Verhalten, zu dem man sich selbst wiederum irgendwie verhält - für oder gegen das man Position beziehen muss.
Dass der Roman mehrere Handlungsstränge hat hat mich nicht gestört - im Gegenteil, ich finde es hat gut gepasst dieses doch sehr kontroverse Thema, das jeder anders erlebt und an das dennoch so unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen geknüpft sind, von einer anderen Seite so multiperspektivisch zu präsentieren.
Ein guter Roman, der an manchen Stellen vielleicht zu viel Schubladendenken in sich vereint...

Vielen lieben Dank an den Deuticke-Verlag und vorablesen.de für das Leseexemplar!